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Fliederfarbene Fassaden erhitzen die Gemüter

Säschsiche Zeitung, von Silvia Stengel | 13.07.2009

An der Pop Art scheiden sich gerade die Geister in Zittau. Zumindest an frischen fliederfarbenen Fassaden in der Innenstadt. Die hat der Pop-Art-Künstler Sergej Alexander Dott aus Berlin für zwei Blöcke entworfen. Und damit Ärger heraufbeschworen. Bewohner protestierten und sammelten Unterschriften. Die zuständige Berliner Sparkling Aktiengesellschaft ging jetzt in die Offensive und lud zu einem Informationstag ein. Mit zahlreichen Besuchern, wie Christine Hahn. „Furchtbar“ findet sie die Fassaden. Auch sonst kann sie nichts mit dem Künstler anfangen. Als sie Fotos von seinen Fassadengestaltungen in Berlin sieht, lautet ihr Kommentar: „Das ist mir zu bunt, da bin ich zu alt dazu“.

Aber dann ist Christine Hahn doch begeistert: „Also das gefällt mir“, sagt sie zu einem Entwurf desselben Künstlers für die Grüne Straße in der Zittauer Innenstadt. Auch Franziska Brendel gefällt dieser Entwurf: die verschiedenfarbigen Häuser, der mit viel Grün gestaltete Zwischenraum und der goldene Bogen darüber. Er soll das Tor zur Altstadt symbolisieren. Es sei nur ein Entwurf, der auch noch mit der Stadt abgestimmt werde, betont Vorstand Christian Kunzendorf. In der Ausstellung zeigt er eine ganze Reihe von möglichen Farbtönen und floralen Mustern für die Fassaden der Innenstadt. „Mandauer Glanz“ nennt die Firma ihre Initiative. So stellt sie sich hier ein Künstlerviertel vor. Geht es nach Kunzendorf, sollten Kreative aus der Region die Häuser mitgestalten. Sie könnten sich Ateliers einrichten und zum Beispiel einen Kinderspielplatz bauen.

Das „Quartier Zittauer Tor“ mit dem Entwurf für die Grüne Straße ist das erste Einzelprojekt für den „Mandauer Glanz“ – für den Vorstand der „Versuch, eine Art Initialzündung zu geben“. Kunzendorf hofft, dass weitere Hauseigentümer mitziehen, um dem Viertel Glanz zu verleihen. Noch sind hier viele Häuser in einem desolaten Zustand, wie er sagt. Das Gebiet sei von „geringer äußerlicher Attraktivität“, heißt es im Konzept. „Insgesamt herrscht ein hoher Leerstand.“ Kunst soll hier als Katalysator wirken und das Gebiet attraktiver machen, sogar über Zittau hinaus bekannt werden und für die Stadt werben. Ob das Projekt realisiert werden kann, hängt zunächst von Fördermitteln ab. Doch Kunzendorf ist optimistisch und rechnet bereits in den nächsten Tagen mit einer Zusage. Wenn das Geld da ist, werden also weitere Farbtöne die Gegend beleben.

Bis dahin müssen die Zittauer allein mit den fliederfarbenen Fassaden leben, die auch ein goldenes Muster ziert. Ramona Lauke, Assistentin in der Firma, hat schon manchen wieder beschwichtigen können. „Es ist halt ein Erkennungsmerkmal“, sagt sie, „man muss es ja im Gesamtbild sehen“. Einem Bewohner sagte sie, nun müsse er wenigstens nicht mehr lange erklären, wo er wohne.

Und immerhin sei dieses Gebiet jetzt ein Diskussionsthema geworden. Ihr Chef räumt eine „fehlende Informationspolitik“ ein. So gab es „Irritationen“, wie Kunzendorf sagt. Mancher habe wohl gedacht, dass die gesamte Wohnanlage fliederfarben gestaltet wird. Kunzendorf hat bereits in Berlin mit dem Künstler zusammengearbeitet. Seine Werke seien auch ironisch, sagt er. Inzwischen ist ihm klar: „Berlin ist nicht Zittau. Es kann sein, dass seine Kunst hier anders wahrgenommen wird.“ Aber es gibt auch Zittauer, die den fliederfarbenen Farbtupfer gar nicht so schlecht finden. „Na ja, das ist halt ’ne Umstellung“, sagt Franziska Brendel. Und meint: „mal was anderes“. Die 28-Jährige überlegt, ob sie hier eine Wohnung bezieht.